Foto: Christine Rainer
SENSORY AWARENESS
„Diese Arbeit ist keine Diskussion sondern Praxis. Der Ansatz ist der Organismus als Ganzes, die lebendige Gesamtheit aus der alle unsere Fähigkeiten ihren Ursprung haben. Die Erfahrung, unsere angeborenen Möglichkeiten zu erforschen, frei werden zu lassen und zu vertiefen, kann, wenn wir ihr nachgehen, weitreichende Folgen in allen Lebensbereichen haben."
Charlotte Selver
KLARES WAHRNEHMEN UND FOLGEN DIE GRUNDLAGE DER ARBEIT ist die Erkenntnis, dass dem Wachstum und dem Leben des menschlichen Organismus eine Tendenz zur Ordnung innewohnt. Jeder Organismus tendiert zu Gesundheit, zur Entwicklung und gegebenenfalls zur Heilung. Dafür ist es notwendig, dass wir erkennen, wie wir in Bezug zu den Rhythmen und Gesetzen der Natur leben und wie wohltuend es ist, ihnen zu folgen. Der Rhythmus von Tag und Nacht beeinflusst und orientiert uns ebenso wie die Kräfte der Erde. In den Seminaren kehren wir zu den ursprünglichen Gesetzen der menschlichen Lernweise zurück. Kinder nähern sich unermüdlich forschend den Herausforderungen des Lebens. Sie überfordern sich weder, noch unterfordern sie sich, sie setzen sich ohne Ehrgeiz aber voll Interesse mit allem Neuen in ihrem Leben auseinander. Sie probieren mit Ausdauer und Umsicht, die Welt und sich selbst zu erkennen. Wenn sie genug davon haben, ruhen sie sich aus. Diese Art zu Lernen entdecken wir auch als Erwachsene in uns wieder, sobald wir dafür Raum geben. Wir finden zu unserer Kraft und können auch unsere Grenzen erkennen. Wir werden wach und erlangen Vertrauen. Diese Schärfung der Wahrnehmung bringt auch eine Klärung der Gedanken und Gefühle mit sich. DIE URSPRÜNGE DER ARBEIT gehen zurück auf Elsa Gindler (1885 – 1961) und Heinrich Jacoby (1889 – 1964) in Berlin und in der Schweiz. Meine Lehrerinnen waren Charlotte Selver in den USA und Peggy Zeitler in München. DIE ARBEITSWEISE ist sehr einfach und konkret. Wir experimentieren mit den Gegebenheiten des Alltags: im Liegen, Sitzen, Gehen und Stehen, jede/r für sich oder mit einem Partner/einer Partnerin oder mit Gegenständen wie beispielsweise Steinen, Stäben ... So erkunden wir uns selbst. Über uns selbst führt uns der Weg des Spürens zum Ganzen. Dabei führen uns die physikalischen Gegebenheiten der Natur, die innere Ordnungstendenz unseres Organismus und die Wirkung der Gegenwärtigkeit. Wir erhalten konkrete, spürbare Informationen über unseren Zustand und unsere Reaktionen, ob wir uns im Gleichgewicht befinden oder uns davon entfernt haben, und ob unsere Reaktionen angemessen sind. Es ist ein Weg, der in die Natur vertraut. „... Änderung ist auf allen Ebenen möglich. Am leichtesten gelingt das, wenn wir beginnen, unseren eigenen Körper wieder zu entdecken. Weil er ursprünglich so eng mit dem Gehirn und allem, was dort geschah, verbunden war, bietet der Körper einen besonders guten Zugang zu abgespeicherten Sinneseindrücken, den Gefühlen, den unbewussten Verhaltensmustern und nicht zuletzt zu den früheren Erinnerungen. Deshalb erfahren die meisten Menschen, sobald sie ihren Körper wiederzuentdecken beginnen, dass sie nun wieder Zugang zu sich selbst finden ... Dabei sind am wirkungsvollsten reale Erfahrungen, die die betreffende Person mit all ihren Sinnen macht, die also nicht nur verbale Repräsentationen von Erfahrungen sind ... Es müsste so etwas wie eine tiefe innere Berührung erfolgen, eine möglicherweise schon lange verschüttete Sehnsucht in uns wieder wach werden. ..."
Gerald Hüther "Was wir sind und was wir sein könnten"
„…wir haben noch ein anderes Verlangen, nämlich das unseres physischen Systems als eines Ganzen, dessen wir uns für gewöhnlich nicht bewusst sind, das Verlangen nach Gesundheit. Dies ist immer an der Arbeit, bessert aus und rückt zurecht, wo etwas in Unordnung geraten ist und stellt geschickt das gestörte Gleichgewicht wieder her. Es kümmert sich nicht um unsere unmittelbaren körperlichen Begierden, sondern geht über den Augenblick hinaus. Es ist das Prinzip unserer physischen Ganzheit, es verknüpft unser Leben mit seiner Vergangenheit und seiner Zukunft und hält die Einheit seiner Teile aufrecht. Der Weise kennt es und bringt seine anderen physischen Begierden mit ihm in Einklang.
Wir haben aber noch einen größeren Körper, die menschliche Gesellschaft. Diese ist ein Organismus, dessen Teile wir sind. Als solche haben wir unsere individuellen Wünsche. Wir wollen unser eigenes Vergnügen und unsere eigene Freiheit. Wir wollen weniger bezahlen und mehr erhalten als irgend jemand anderes. Dies gibt Anlass zu Zusammenstössen und Streitigkeiten. Aber in uns ist noch ein anderes Verlangen, das im tiefsten Inneren des sozialen Organismus wirksam ist. Es richtet sich auf das Wohl der Gesellschaft und geht über die Grenzen des Gegenwärtigen und Persönlichen hinaus. Es ist auf der Seite des Unendlichen. Der Weise versucht, die Wünsche, die auf Selbstbefriedigung zielen mit dem Verlangen nach sozialem Wohl in Einklang zu bringen und nur so kann er sein höheres Selbst verwirklichen." Rabindranath Tagore "Sadhana"
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